„Ab hier wird es trockener…“

„Gummistiefel sind zu empfehlen“ stand in der Einladung zur diesjährigen Exkursion ins Pfaffenhauser Moos. „Ab hier wird es dann trockener“ ruft unser Exkursionsleiter Diplom-Biologe Ralf Schreiber, als wir am 26.07.2024 die ersten Schritte ins Moor wagen und es saftig unter unseren Füßen schmatzt und gluckert. Trockene Füße behält an diesem Tag fast keiner mehr, aber wir bekommen zu sehen und zu spüren, wieviel Wasser ein Moor aufnehmen und halten kann.

Die Exkursionsteilnehmer ließen sich auch durch nasse Füße nicht von ihrer guten Laune und ihrem Interesse abbringen

Nach einem außergewöhnlich regenreichen Frühjahr ist das Pfaffenhausener Moos so vollgesogen wie ein riesiger Schwamm. Die hier lebenden Pflanzen- und Tierarten sind an derartig feuchte Lebensbedingungen angepasst. Ralf zeigt uns beispielsweise den Sumpfgrashüpfer (Pseudochorthippus montanus), der im Gegensatz zum Gemeinen Grashüpfer (Chorthippus dorsatus) mit dauerfeuchten bzw. nassen Lebensbedingungen zurecht kommt.

Der Biologe Ralf Schreiber zeigt die Merkmale des Gemeinen Grashüpfers
(Foto: Ines Wendekamm)

Die Sumpfschrecke (Stethophyma grossum) ist deutlich größer, aber auch bunter gefärbt als die Grashüpfer. Die langen Flügel befähigen Sie auch ein paar Meter fliegend zurückzulegen, wodurch sie schwieriger zu beobachten ist. Bei genauem Hinhören fällt einem das typische, kurze „Nagelknipsen“ auf, dass hauptsächlich die Männchen von sich geben, um Weibchen anzulocken oder andere Männchen aus ihrem Revier zu vertreiben.

Eine große und außerordentlich bunte Sumpfschrecke (Foto: Ines Wendekamm)

Regelmäßige, große und rundliche Abdrücke in der Vegetation muten wie „Elefantenfußstapfen“ an. Die Wespenspinne (Argiope bruennichi) spannt die Grashalme um ihr Netz ab, damit ihre bevorzugte Beute – Heuschrecken – eine freie Flugbahn in ihr Netz haben, erklärt Ralf eindrücklich. Tatsächlich können wir beobachten, wie Grashüpfer versuchen durch die vermeintliche Lücke in der Vegetation zu springen und wie sie blitzschnell von den imposanten Wespenspinnen-Weibchen eingewickelt werden. Weniger imposant sind die um ein Vielfaches kleineren Männchen der Art, die aufpassen müssen, dass sie bei einem Annährungsversuch nicht selbst zum Opfer werden.

Ein „Elefantenfußabdruck“ im Gras – mittendrin das Netz einer Wespenspinne

Vor uns steigt ein ungewöhnlich großer, dunkler und elegant schwebender Falter auf. Ein Blaukernauge (Minois dryas) – eine der Zielarten des Arche-Noah-Projektes! Der „Riedteufel“, wie der Falter auch genannt wird, tritt in diesem Jahr wie fast alle anderen Arche-Noah-Falterarten in vergleichsweise geringer Individuenzahl auf. Das kühle und regenreiche Frühjahr hat vielen Tagfalterarten zugesetzt, so auch dem Goldenen Scheckenfalter (Euphydryas aurinia), der bei uns im Unterallgäu nur noch hier im Pfaffenhausener Moos vorkommt. Profitiert haben dahingegen die vielen Libellenarten. Ralf hat einen Kleinen Blaupfeil (Orthetrum coerulescens) mit dem Netz erwischt. Im Gegensatz zum Südlichen Blaupfeil (Orthetrum brunneum), der hier auch vorkommt, ist der Rumpf der Art nicht blau bereift, sondern bräunlich gefärbt. Unsere Hoffnung, noch einen Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris teleius) beobachten zu können, bleibt leider unerfüllt, die Flugzeit der meisten dieser Falter ist schon vorbei. Von den fünf Arche-Noah-Arten, die hier vorkommen, finden wir aber noch die Futterpflanzen. Der Teufelsabbiss, die Leibspeise des Goldenen Scheckenfalters, steht gerade in voller Blüte. Vom Schlangenknöterich (Futterpflanze des Randring-Perlmuttfalters (Boloria eunomia)) sehen wir nur noch die gewellten Blätter. Gut sichtbar sind dagegen die tiefroten Blütenköpfchen des Großen Wiesenknopfes (Futterpflanze des Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläulings) und die weiße Mähne der Wollgräser (Futterpflanze des Großen Wiesenvögelchens).

Nach eineinhalb Stunden im Moor sind wir durchgeschwitzt und die Bremsen haben uns ganz schön zugesetzt. Auf dem Rückweg begegnet uns noch ein Grasfrosch (Rana temporaria) und die Zwitscherschrecke (Tettigonia cantans) begleitet uns mit ihrem unüberhörbarem „Gesang“ noch lange weiter.

Eine Zwitscherschrecke auf der Hand

Wir bedanken uns bei Ralf Schreiber für die interessanten Einblicke in das Insektenleben und bei den Teilnehmern für das rege Interesse und das Durchhaltevermögen!